Aufgrund von häufigen Diskussionen im Internet, in denen es um die Fütterung von Pferden geht, möchte ich hier meinen persönlichen Standpunkt dazu darlegen.
Sehr häufig wird Heu als das einzige akzeptable Grundfutter dar gestellt und Heulage/Silage in Bausch und Bogen verdammt. Ich bin der Meinung, man muss da differenzieren und sollte sich nicht pauschal festlegen.
Grundsätzlich bevorzuge ich gutes(!) Heu in der Pferdefütterung. Aber es gibt durchaus Gründe dafür, auch siliertes Futter zu verfüttern.
Heu – Heulage – Silage: was ist das?
Alle drei Futtersorten werden aus geschnittenem Gras hergestellt. Unterschiedlich ist der Trocknungsgrad und die Lagerhaltung.
Silage wird gemäht, einen Tag angetrocknet und dann in ein Fahrsilo gefahren. Dort wird das Gras verdichtet und mit Folie abgedeckt. Um es zu verfüttern, wird die Folie an der vorderen Kante geöffnet und jeden Tag die benötigte Menge entnommen. Silage ist im Griff sehr feucht bis nass und riecht sehr stark nach vergorenem Gras. Silage ist für die Fütterung von Pferden absolut ungeeignet, es handelt sich um reines Kuh-Futter (daher oft auch Kuh-Silage genannt). Um Silage herzustellen werden die Wiesen häufig gemäht, der Aufwuchs beträgt i.d.R. um die 15-25cm, der erste Schnitt erfolgt oft schon Anfang Mai, manchmal sogar noch früher.
Heulage wird nach dem Mähen mehrere Tage getrocknet und dabei häufig gewendet. Bevor es ganz trocken ist (im Griff noch leicht klamm, aber nicht feucht), wird es in Ballen gepresst und diese dann in Folie eingewickelt. Heulage ist nach dem Öffnen eines Ballens leicht feucht bis klamm im Griff und riecht deutlich, der Geruch ist angenehm und leicht säuerlich. Umgangssprachlich wird Heulage häufig Silage oder Silo genannt, im Pferdeumfeld ist damit aber immer Heulage gemeint. Allerdings führt diese Begriffsvertauschung häufig zu Missverständnissen. Genauso wie beim Heu ist der optimale Schnittzeitpunkt Mitte/Ende der Blüte des Grases.
Heu muss ein bis zwei Tage länger trocknen als Heulage. Gutes Heu darf nicht nass regnen. Wenn es trocken ist, wird es in Ballen gepresst und muss zur Qualitätssicherung sofort unter Dach eingelagert werden. Eine Lagerung draussen, auch unter Folie oder Vlies, ruiniert die Qualität. Draussen gelagertes Heu ist für die Pferdefütterung ungeeignet.
Herstellung von Grundfutter
Die Qualität des Futters hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab.
Wesentlich ist der Zustand der Wiesen. Bodenqualität, Bodenpflege (Düngen bedeutet nicht (nur) Stickstoff zu streuen, sondern auch Mineralien zu ergänzen!), Pflanzen-Zusammensetzung und Unkräuter sind einige Stichworte, die zu bedenken sind. Die Wiesenpflege im Frühjahr, bestehend aus Schleppen, Walzen, Düngen und ggfls. auch Maßnahmen gegen die Verbreitung von unerwünschten Unkräutern sind wesentliche Maßnahmen.
Von diesen bekommt man als Pferdehalter i.d.R. nichts mit, wenn man in einem Pensionsstall steht.
Dann erfolgt die Mahd. Den Termin hierfür fest zu legen ist jedes Jahr ein Abenteuer. In der Literatur wird empfohlen, Pferdefutter gegen Mitte oder Ende der (Gräser-)Blüte zu schneiden. Dies ist in Deutschland meistens in der zweiten Juni-Hälfte der Fall, manchmal früher, manchmal später.
Für die Herstellung von gutem Futter benötigt man je nach Region 5-6 Tage trockenes, sonniges und warmes Wetter.
Leider ist es so, dass es in vielen Regionen in Deutschland in der zweiten Juni-Hälfte häufig regnet. Somit beobachtet man als Futtermittel-Hersteller (Landwirt, Stallbetreiber etc.) ab Ende Mai, Anfang Juni die Wetterkarten, die Wetterberichte und denkt und plant und überlegt.
Sobald nun eine Schön-Wetter-Periode kommt, wird gemäht. Niemand geht das Risiko ein, dass nach dieser Schön-Wetter-Phase eine 4-wöchige Regenperiode kommt, der Regen das lange, bald auch überständige Gras niederdrückt und die Futterqualität bereits vor dem Schnitt miserabel wird, weil das Futter bereits auf dem Halm vergammelt. Und wenn es eben schon Anfang Juni ist und das Gras erst am Anfang der Blühte steht, dann ist das eben so.
Für eine hohe Qualität des Futters – egal ob es nachher Heu oder Heulage wird – ist es wichtig, dass die Wiesen möglichst eben sind (deshalb wird im Frühjahr geschleppt und gewalzt) und nicht zu tief gemäht wird. Somit kann gewährleistet werden, dass möglichst wenig Verschmutzung in das Futter gerät. Allerdings ist das immer eine zwiespältige Angelegenheit, denn je höher gemäht wird, desto weniger Futter wird man ernten.
Nun trocknet das Gras vor sich hin und wird – je nach Region und Wetter – ein bis zweimal täglich gewendet und ggfls. über Nacht zusammen geschwadet.
Wenn alles klappt, dann kann nach einigen Tagen wunderbares Heu eingefahren werden und alle sind glücklich. Das Winterfutter ist drin!
Wenn es aber nicht klappt und man Pech hat, dann hat sich der Wetterdienst geirrt und die Schön-Wetter-Periode dauert nicht so lange wie geplant. Das nächste Tief kommt angerauscht und das Futter ist noch nicht trocken genug, um Heu zu pressen.
Nun hat man drei Möglichkeiten:
- Entweder man lässt das fast-Heu einmal nass regnen und hofft auf das nächste Hoch im Anschluss, um es dann trocken zu bekommen. Wenn das aber schief geht und ein Regengebiet nach dem nächsten kommt, kann man das Futter irgendwann nur noch weg schmeissen (und muss es dafür erstmal von der Wiese runter bekommen).
- Alternativ dazu kann man das noch feuchte Heu trotzdem in Ballen pressen und hoffen, dass es nicht schimmeln wird (oder nur ein bisschen, oder so wenig, dass die Pferdehalter es nicht merken).
- Stattdessen kann man aber auch das noch leicht feuchte Futter in Ballen pressen und diese in Folie wickeln um Heulage herzustellen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Ballen sehr fest gepresst werden und stramm gewickelt werden, um den Sauerstoffgehalt im Ballen so gering wie möglich zu halten. Nur dann kann die Konservierung korrekt ablaufen.
Darüber hinaus können Heulage-Ballen draussen gelagert werden, Heu dagegen benötigt viel Platz in einer trockenen, gut belüfteten Scheune. Ausserdem wird Heu während der Reifezeit von ca. 8 Wochen heiss und kann manchmal zu einem Scheunenbrand führen (das kommt leider häufiger vor, als man sich vorstellen mag).
Daher kann auch der nicht verfügbare Lagerplatz den Ausschlag dafür geben, Heulage herzustellen.
Fazit: die Herstellung von Heulage ist für die Nerven wesentlich schonender als die Herstellung von Heu! Billiger ist es nicht, da das Einwickeln in Folie kostspielig ist und die Folie auch entsorgt werden muss.
Eignung als Pferdefutter
Hier streiten sich die Geister, die Meinung klaffen aus einander und es werden regelrechte Glaubenskriege um die Eignung als Pferdefutter geführt.
Ich persönlich bevorzuge, wie oben bereits erwähnt, ganz klar gutes Heu als Pferdefutter.
Bevor mir aber mein Fast-Heu nass regnet, lasse ich es lieber einwickeln und habe mein Winterfutter in Form von Heulage sicher. Nass-geregnetes Heu ist für mich keine Alternative. Ebenso ist es für mich diskussionslos, Heu zu früh und zu feucht zu pressen; dann werden die Ballen nämlich zu heiss innen drin, verderben und werden innen drin schimmelig. Ausserdem steigt durch die Hitze-Entwicklung auch die Gefahr einer Selbstentzündung.
Die Umstellung auf Heulage-Fütterung führt bei vielen Pferden zu angelaufenen Beinen und Durchfall oder Kotwasser. Allerdings muss man dabei auch berücksichtigen, dass die Umstellung in der Regel im Herbst gleichzeitig mit dem Ende der Weide-Saison zusammenfällt und somit nicht nur eine Futter- sondern auch eine grundlegenden Haltungs-Umstellung stattfindet.
Bei den meisten Pferden verschwinden diese Symptome aber innerhalb von wenigen Tagen wieder vollständig. Allerdings gibt es durchaus Pferde, bei denen das Durchfall- und/oder Kotwasser-Problem langfristig nicht in den Griff zu bekommen ist. Viele dieser Pferde haben nach meinen Erfahrungen aber weitergehende Stoffwechsel-Probleme, die leider nicht nur durch die Umstellung auf Heu-Fütterung zu beheben sind.
Häufig wird darauf hingewiesen, dass Heulage als Futter zu einer Übersäuerung des Organismus führen würde. Da die Verdauung im Magen eines Lebewesens und somit auch des Pferdes, unter Einsatz von extrem sauerer Magensäure erfolgt, halte ich den Säuregehalt des Grundfutters in diesem Zusammenhang für zweitrangig.
Auch wird immer wieder auf irgendwelche Studien verwiesen, die Heulage als ungeeignetes Pferdefutter nachweisen sollen. Allerdings muss man bei kritischer Betrachtung dieser „Studien“ immer feststellen, dass es keine wissenschaftliche Grundlage dafür gibt.
Tatsache ist, dass die Verdauung eines Pferdes bisher kaum erforscht ist. Es gibt so gut wie keine Informationen darüber, was im Dünndarm verdauungstechnisch passiert (das weiss man beim Menschen übrigens auch nicht). Der Grund dafür liegt darin, dass man in den Dünndarm nicht hineinschauen kann. Magen und Dickdarm kann man per Magen- oder Darmspiegelung untersuchen, den Dünndarm aber nicht.
Nach meinen Erfahrungen vertragen gesunde Pferde die Fütterung mit guter Heulage problemlos. Es ist schmackhaft und wird gerne gefressen.
Einen Vorteil gegenüber Heu-Fütterung hat Heulage bei Allergikern: da Heulage leicht feucht ist, ist sie vollkommen staubfrei und wird daher gut vertragen. Sie stellt eine echte Alternative zum Befeuchten bzw. Tauchen von Heu dar, vor allem auch bei Frost!
Ein Nachteil der Heulage-Fütterung ist, dass ein angebrochener Ballen innerhalb weniger Tage aufgebraucht werden muss. Sonst wird er warm und verdirbt. Umgehen kann man das, indem man den Ballen komplett abwickelt, aufschüttelt und alle 2-3 Tage wendet. So kann das Futter komplett durchtrocknen und bleibt dann auch haltbar.
Über die Fütterung von echter Silage (für Kühe) an Pferde braucht man nicht nachzudenken, diese ist als Pferdefutter vollkommen ungeeignet und daher absolut indiskutabel!
Gefahren: Botulismus
Botulismus ist eine Vergiftung, die durch tote Tiere im Grundfutter ausgelöst wird und grundsätzlich tödlich ist.
Botulismus-Gifte können sowohl in Heu als auch in Heulage und Silage auftreten, allerdings ist die Verbreitung um so größer, je feuchter das Futter ist.
Ein totes Tier im Futterballen MUSS grundsätzlich dazu führen, dass der ganze(!!!) Ballen umgehend entsorgt wird, egal um welches Futter es sich handelt.
Das Tückische dabei ist, dass man ein totes Tier unter Umständen erst dann findet, wenn der Ballen bereits zum größten Teil verfüttert wurde und alles zu spät ist.
Bei Heu hat man dann u.U. noch das Glück, dass sich die Gifte aufgrund der geringen Feuchtigkeit nicht oder kaum ausgebreitet haben und alles gut geht.
Bei Heulage ist die Katastrophe vorprogrammiert. Daher empfehle ich, Heulage-Ballen nach dem Öffnen grundsätzlich komplett abzuwickeln und aufzuschütteln. Das Aufschütteln kann man, wenn genügend Platz vorhanden ist, teilweise mit der Frontlader-Gabel des Treckers oder Hofladers erledigen. Ein großer Teil der Arbeit muß aber von Hand erledigt werden. Es ist harte Arbeit, lohnt sich aber.
Persönliches Fazit
Bevor man seinen Stallbetreiber oder Futterlieferanten angeht, weil er kein Heu zur Verfügung stellt, sollte man sich erstmal schlau machen, ob in der betreffenden Region im entsprechenden Zeitraum überhaupt die Möglichkeit bestanden hat, gutes(!) Heu zu produzieren.
Auch sollte man klären, ob der Futterhersteller die notwendigen Lagermöglichkeiten für Heu zur Verfügung hat. Darüber hinaus sollte man sich überlegen, ob man gutes Heu wirklich sicher erkennen kann. Was nützt es, wenn ich zwar Heu bekomme, dieses aber
- nass geregnet war oder
- so spät gemäht wurde, dass es schon auf dem Halm gammlig war oder
- schon im Mai gemäht wurde und zu wenig Struktur hat oder
- sowieso zweiter Schnitt mit wenig Struktur ist oder
- draussen unter Folie oder Vlies gelagert wurde oder
- gar aus Restbeständen des Vorjahres stammt?
Versprochen wird einem dann nämlich mit Sicherheit erstklassige Qualität, trocken gelagert, erster Schnitt etc. pp. Aber stimmt das dann auch? Sicher wissen kann man das nur, wenn man bei der Ernte dabei war.
Auf dem Standpunkt zu beharren „ich will aber Heu“ bringt einen in so einem Fall nicht weiter.
Man muss immer abwägen, was möglich ist und was man realistisch bekommen kann. Sehr sehr häufig ist nämlich gute Heulage das kleinere Übel, auch wenn es schwer fällt, das zu akzeptieren.