Zum Thema Sommerekzem

Achtung:

Dieser Beitrag genügt nicht wissenschaftlichen Erfordernissen!
Es handelt sich ausschließlich um Gedankengänge aufgrund von Erfahrungen und Beobachtungen sowie Gesprächen mit anderen Betroffenen!

Vorbemerkung

Mein erstes eigenes Pferd war eine Islandpony-Stute.

Sie war im Frühjahr zuvor aus Island importiert worden und entwickelte im ersten Sommer bei mir (ihrem zweiten Sommer in Deutschland) Symptome des Sommerekzems.

Ich habe viel rumexperimentiert und bin letztendlich bei einer Ekzemerdecke der Firma Boett gelandet. Brynja kam mit der Decke hervorragend zurecht, die Mücken kamen nicht mehr an sie heran, sie hatte keinen Juckreiz und war symptomfrei. Sie liebte ihre Decke und kroch regelrecht in sie hinein. Ja, im Sommer schwitzte sie etwas unter der Decke, aber bei Regen wurde sie nicht nasser als ohne Decke und das Material trocknete ruckzuck.

Von daher war und ist für mich klar: eine Ekzemer-Decke ist die optimale Lösung für ein Pferd, welches unter Sommerekzem leidet.

Das klassische Sommerekzem ist eine allergische Erkrankung, die durch die Stiche der Kriebelmücke verursacht wird. Die Mücken stechen mit Vorliebe in Hautbereiche, an denen die Haare senkrecht aus der Haut wachsen. Dies sind der Mähnenkamm, die Schweifrüber, die Bauchnaht und alle anderen Wirbel. Ausserdem können alle unbehaarten Bereiche, z.B. das Euter der Stuten, betroffen sein.

Bei Sommerekzemern kann über einen Bluttest stets eine allergische Veranlagung auf Insekten, speziell die Kriebelmücke, nachgewiesen werden.

Seit 2005 züchte ich im kleinen Rahmen Vollblutaraber

Immer wieder hatte ich Jungpferde, die sich Mähne und/oder Schweif scheuern. Mal mehr, mal weniger, manche Jahre garnicht. Häufig als Jährling und danach nie wieder.

Allergie-Tests haben stets ergeben, dass die betroffenen Pferde KEINE Allergieneigung in Bezug auf irgendwelche Insekten aufweisen. Ein Sommerekzem kann ich somit (eigentlich) ausschließen.

Der Einsatz einer Ekzemerdecke hat sich dementsprechend auch als so gut wie nutzlos herausgestellt. Die Pferde stellten das Scheuern nicht ein, nur war der Haarbruch geringer, dafür wurde die Decke in Mitleidenschaft gezogen und musste häufig repariert werden.

Der Einsatz von Fliegenschutzmitteln sowie „harten“ Mitteln wie Butox oder WellCare erwies sich als fast nutzlos und brachte nur minimale Verbesserungen.

Häufiges bzw. regelmässiges Waschen mit speziellen Shampoos, z.B. Equimyl brachte noch am ehesten Erleichterung, aber immer nur kurzfristig.

Über all die Jahre habe ich Diskussionen zum Thema Sommerekzem im Internet verfolgt.

Vor einigen Jahren kam dann die Diskussion sowie entsprechende Erfolgsmeldungen über den Einsatz einer „BB-Lotion“ im Internet auf. Diese Lotion wird aus einem Teil Benzyl-Benzoate und 3-4 Teilen Body-Lotion, vorzugsweise Aldi-After-Sun-Lotion, hergestellt. Die betroffenen Stellen werden alle 2-3 Tage damit eingerieben. Die Pferde hören auf sich zu scheuern, der Juckreiz verschwindet, die Haut schuppt einmal stark durch („erneuert sich“) und die Pferde sind symptom-frei.

Ich habe es auch ausprobiert.

Es funktioniert!

Kein Scheuern, kein Juckreiz, keine abgebrochenen Haare.

WARUM?

Benzyl-Benzoate ist ein Desinfektionsmittel welches gegen Milben-Erkrankungen (Krätze) beim Menschen eingesetzt wird, sowie gegen Hausstaub- oder Bett-Milben.

Jeder Fachmann den ich danach befragt habe, egal ob Apotheker oder Tierarzt, sagte mir, dass Benzyl-Benzoate überhaupt nicht gegen Insekten und/oder Juckreiz wirken KANN.

Das war mir egal. Betroffene Pferde sind mit dieser Behandlung symptom-frei und es geht ihnen gut.

Bis ich vor einiger Zeit Kontakt zu einer Dame bekam, welche mir am Telefon einen Vortrag hielt, warum sie davon überzeugt ist, dass viele/die meisten Sommer-Ekzemer gar keine Ekzemer sind, sondern unter Milben-Befall leiden. Sie behandelt betroffene Pferde, in dem sie ihnen – zulassungswidrig – ein (oder mehrere) Spot-On für große Hunde über Mähnenkamm und Rücken bis zur Schweifrübe träufelt. Wer Hunde hat, kennt diese als Mittel der Wahl gegen Flöhe, Zecken und sonstiges Ungeziefer. Die Pferde dieser Dame sind symptomfrei und nur selten muss sie die Behandlung nach 3 Monaten wiederholen.

Das hat mich zum Nachdenken gebracht.

MILBEN?

Milben sind immer und überall. Genauso wie Pilzsporen kommen sie immer vor. Jedes Individuum ist sowohl von Pilzsporen als auch von Milben besiedelt, auch wir Menschen.
Aber manchmal, wenn – warum auch immer – das Immunsystem überfordert ist oder entgleist, kommt es zum Ausbruch einer Infektion. Das kann sich dann in einer Pilz-Infektion äussern, oder in einem starken Milbenbefall, der dann beim Menschen Krätze oder beim Pferd Räude verursacht.
Milben fühlen sich bei Wärme am Wohlsten. Daher erscheint es logisch, das betroffene Pferde im Winter keine oder kaum Symptome zeigen. Auch passt das zu meiner Beobachtung, dass eine Ekzemer-Decke keine Verbesserung bringt. Ganz im Gegenteil: Milben dürften unter der Decke vor Freude regelrecht Polka tanzen!
Milbenbefall beim Pferd lässt sie sich nur sehr schwer nachweisen.
Das starke Schuppen („Erneuern“) der Haut nach einigen Tagen der Behandlung mit „BB-Lotion“ kann ich mir aber so erklären, dass die Haut die betroffenen Hautschichten durchwechselt und abstösst.
Daher bin ich für mich zum Schluss gekommen, dass meine Pferde, wenn sie denn betroffen sind, unter Milben-Befall leiden.

Was ich mir nicht erklären kann:

Warum bricht keine Räude aus? Warum begrenzt sich der Befall i.d.R. auf Mähne und/oder Schweif?
Wodurch gerät das Immunsystem der betroffenen Pferde im Frühjahr – in der Regel im Zusammenhang mit dem Anweiden – so aus dem Gleichgewicht, dass sie nicht mit dem Befall klar kommen?
Warum sind i.d.R. junge Pferde betroffen, oft nur als Jährlinge und danach nicht mehr?
Da sich meine Herden-Zusammensetzung im Frühjahr nicht verändert (ausser dass evtl. neugeborene Fohlen hinzukommen), kann ich Stress in der Herde eigentlich ausschließen.

Stresst das Anweiden den Organismus so sehr?

Ich weiss es nicht.

Schlussbemerkung

Ich gehe also davon aus, dass einige/viele sog. Ekzemer garnicht unter der allergischen Erkrankung des Sommerekzems leiden. Das heisst natürlich nicht, dass es kein Sommerekzem gibt, ganz im Gegenteil!
Aber das „echte“ Sommerekzem kann über einen Allergie-Test, vorzugsweise den FIT-Test der tierärztlichen Hochschule in Hannover, nachgewiesen werden.

Auch „echte“ Ekzemer können zusätzlich(!) natürlich unter Milbenbefall leiden, gerade diese Pferde haben häufig ein geschwächtes Immunsystem.

Das Thema „Milben“ kann aber für viele betroffene Pferde bzw. deren Besitzer eine Erklärung liefern, warum sich ihre Pferde scheuern, die klassischen Behandlungsmethoden gegen Sommerekzem nicht helfen, eine Behandlung mit „BB-Lotion“ aber durchschlagenden Erfolg zeigt.

Zunehmend wird die Milbenproblematik auch im Internet diskutiert. So habe ich kürzlich auch folgenden interessanten Artikel zu diesem Thema gefunden:
https://www.hippologie.net/_pferd_und_recht/sommerekzem/sommerekzem-achtung-verwechslungsgefahr.html

Hier zitiere ich insbesondere:

3. Dermanyssus gallinae – ein ganz übler Bursche

Ein Befall mit Milben ist heute von zunehmender medizinischer Bedeutung. Die Entwicklung der Schädlinge ist von verschiedenen Gegebenheiten wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Nahrungsangebot abhängig. Innerhalb weniger Wochen kann es dabei zu einer massenhaften Vermehrung kommen. Auch die Aktivität dieser Parasiten ist witterungsabhängig. Sie wird durch Temperaturanstieg begünstigt (https://www.dr.med-heukelbach.de/allergielogie12.html).
Zu den bedeutendsten Vertretern gehört die Rote Vogelmilbe (bzw. Hühnermilbe), die – eingeschleppt durch Hühner oder Stallschwalben – auch Pferden sehr zu schaffen machen kann, da sie nicht wirtsspezifisch ist und selbst vor Menschen nicht Halt macht (Krauss/Weber: Zoomosen, Leitfaden für die Praxis, Kap. 5, Ziff. 5.6.4, S. 318 ff., https://www.medizin.de/gesundheit/deutsch/2010.html). Unter Umständen werden die durch sie verursachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit klinischen Sommerekzemsymptomen verwechselt – mit fatalen Folgen in einem möglichen Rechtsstreit wegen behaupteter Mangelhaftigkeit des Pferdes.
Vogelmilben (dermanyssus gallinae) sind ca. 0,7 mm lang, gelblich bis bräunlich gefärbt, nach dem Saugen von Vogelblut rot bis schwarz. Sie siedeln sich in Ställen an. Als Schlupfwinkel dienen ihnen Legenester sowie Risse, Fugen und Ritzen in Stalldecken und Wänden (https://www.kortenbruck.de/milben.html). Die Vogelmilbe hält sich tagsüber in Schlupfwinkeln auf, ist erst nachts aktiv und saugt dann Blut. In den Tagstunden ist ein Milbenbefall nicht festzustellen. An den Stichstellen kommt es zu Entzündungen, lang anhaltendem Juckreiz und Ekzemen (Krauss/Weber: Zoomosen, Leitfaden für die Praxis, Kap. 5, Ziff. 5.6.4, S. 318 ff., https://www.kortenbruck.de/milben.html; https://www.dr.med-heukelbach.de/allergologie12.htm; https://imbie.meb.uni-bonn.de/parasitologie/amae_l01.html).

Und, auch das ist ein sehr interessanter Aspekt:

5. Wenn die Seele zwickt
Eine weitere Verwechslungsmöglichkeit mit Sommerekzem konnte die Verfasserin selbst ganz praktisch beobachten, wobei es dabei für das dort aufgetretene Ekzem keine andere Erklärung als die psychische Verfassung des Pferdes geben kann:
Ein und dasselbe Pferd, zugegeben sehr sensibel, entwickelte während seines Lebens zweimal erhebliche Hautprobleme, die sich fast über den ganzen Körper erstreckten und zu großen kahlen Stellen führten. Beim ersten Mal passierte das, als das Pferd mit seinem jugendlichen Reiter in den Sommerferien in einen anderen – relativ großen – Bestand wechselte, dass zweite Mal, als neue Pferde in die heimatliche Herde integriert wurden. In beiden Fällen verschwanden die Symptome, als das Sensibelchen wieder zuhause im heimatlichen Stall stand bzw. sich an die neuen Herdengenossen gewöhnt hatte.

Aktualisierung im Mai 2019

Aufgrund von Gesprächen und Erfahrungsaustausch mit Pferdebesitzern und Araberzüchtern sowie Recherche im Internet und eigenen Erfahrungen möchte ich das Thema “Milben” weiter konkretisieren.

Die sog. “Herbstgrasmilben” standen schon in der Vergangenheit im Verdacht, bei Pferden Mauke und Juckreiz an den Beinen auszulösen. Mittlerweile wird das Wörtchen “Herbst” gerne weg gelassen und man spricht zunehmend ganzjährig von “Grasmilben”. Auch der Begriff “Sandmilben” taucht in diesem Zusammenhang immer wieder auf. Gerade im Human-Bereich werden diese erwähnt, es wird von Bissen bzw. Stichen nach dem Aufenthalt auf Rasenflächen (Picknick, Ballspiele) oder in Sandkästen (gerade bei kleineren Kindern) berichtet. Diese Milben lieben wohl sowohl Trockenheit als auch Wärme, beides findet sich oft auf sandigen Böden. Diese Bisse/Stiche lösen extremen Juckreiz aus. Auch gibt es Berichte, dass die Flächen, welche von Grasmilben besiedelt werden, seit Jahren zunehmen. In Bezug auf das Jahr 2018 mit der extremen Trockenheit wundert mich dieses nicht.

Bei mir selber konnte ich in der Vergangenheit häufig Flohstiche feststellen, zumindest habe ich diese so interpretiert. Inzwischen bin ich überzeugt, dass ich nicht von Flöhen sondern von Grasmilben gebissen/gestochen wurde. Die Symptome sind ähnlich, der Unterschied ist, dass Milbenbisse i.d.R. erst ca. 24 Stunden nach dem Biss anfangen zu jucken, der Juckreiz sehr ausgeprägt ist und bis zu 14 Tage anhält! All dies traf bei mir zu.

Auch wurde mir von einem Pferd berichtet, welches auf eher feuchten Lehmböden aufgewachsen war und sie nie gescheuert hat. Es wurde verkauft und zog in die Lüneburger Heide. Dort begann es sich extrem zu scheuern und wurde nahezu kahl. Die Vorbesitzer nahmen das Pferd daraufhin zurück und es war in der alten Heimat wieder vollkommen symptom-frei. Hier sehe ich den deutlichen Verdacht, dass der Sandboden in der neuen Heimat von Grasmilben besiedelt war und das Pferd diese nicht “ab konnte”.

An anderer Stelle wurde mir berichtet, dass Pferde, die auf sandigen, trockenen Böden aufwuchsen gelegentlicht – wie auch bei mir beobachtet – dazu neigten sich zu scheuern. Nach dem Umzug des Zuchtbetriebs in eine andere Region in Deutschland* haben sich die Nachkommen aus den selben Zuchtlinien nie mehr gescheuert.

Es könnte in diesem Zusammehang von Interesse sein, zu beobachten, ob die Scheuerneigung von betroffenen Pferden in trockenen und nassen Jahren unterschiedlich stark ausgeprägt ist.

Für betroffene Pferde-Besitzer könnte es auch einen Versuch wert sein, ein betroffenes Pferd in einen anderen Stall mit anderen Boden-Bedingungen umzustellen oder Weidehaltung durch reine Paddock-Haltung zu ersetzen.